Ansprache

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Ansprache  anläßlich der Gedenktafeleinweihung am 1. Juni 2002

Heute ist für uns alle ein ganz besonderer Tag. 56 Jahre nach dem letzten Gemeindegottesdienst in dieser Kirche weihen wir mit alten und neuen Einwohnern dieses Dorfes eine Gedenkstätte ein, die an die toten Bürger erinnern soll, die bis 1945/48 hier gelebt haben.

Trotz aller Trauer, die mit dem Gedenken an die vielen Toten verbunden ist, ist heute auch ein Tag der Freude, daß wir mit den Ehemaligen aus unserer Nachbargemeinde Groß Grade, zu der unsere Kirchengemeinde einmal gehörte, und mit den jetzigen polnischen Bewohnern des Dorfes einen gemeinsamen Gottesdienst feiern dürfen. (...)

Wir hoffen, daß wir durch das Zusammensein hier in der Kirche am heutigen Tag uns etwas näherkommen. Es wird gewiß in den nächsten Jahren noch Möglichkeiten geben, daß wir eher einen Weg zueinander finden können, als es bisher geschehen ist.

Wir denken in dieser Stunde an alle diejenigen, die gerne mit uns gefahren wären, deren Kräfte nicht mehr ausreichen, die aber in Gedanken heute hier in Silkow sind.

Wir sind dankbar, daß wir, die wir so viele Erinnerungen an unser Heimatdorf aus unserer Jugendzeit haben, aber auch an die unvergeßlichen Erlebnisse der Vertreibung, daß wir heute diese Feierlichkeit erleben dürfen und auch unseren Teilnehmern aus der nächsten Generation die ehemalige Heimat ihrer Vorfahren zeigen können.

Die Gräber unserer Vorfahren finden wir nicht mehr, sie sind den Verwüstungen zum Opfer gefallen. So soll an dieser Stelle in der Kirche diese Tafel an die Toten erinnern. Wir bitten, daß die jetzigen Bewohner des Dorfes sie als einen Teil ihrer Kirche annehmen, und daß diese Gedenkstätte ihre Zustimmung erfährt.

In den letzten Jahren gab es viele Begegnungen zwischen Polen und Deutschen, die den Willen zum gegenseitigen Verstehen bekundeten. So wollen auch wir auf eine friedliche Zukunft hoffen und hier in unserer ehemaligen Kirche mit der Tafel ein Zeichen setzen, daß ein versöhnliches und verständnisvolles Miteinander möglich ist.

Wir danken allen, die hierher gekommen sind, um die Gedenktafel mit uns einzuweihen und geben diese in die Obhut der jetzigen Gemeinde.

Symbolisch wollen wir für alle Toten, derer wir in Ehrfurcht gedenken, eine Kerze entzünden:

1. Kerze:
Wir denken an die Toten aus den Dörfern unserer ehemaligen Kirchengemeinde Wendisch-Silkow, die bis 1947/48 in der Heimaterde ihre letzte Ruhe fanden und deren Gräber nicht mehr auffindbar sind. Wir nennen die Dörfer: Wendisch-Silkow, Sorchow, Schojow, Alt-Gutzmerow, Neu-Gutzmerow, Bandsechow und auch Vietkow.
 
2. Kerze:
Wir denken an unsere Toten, die ihr Grab fern dieser Heimat in einer neuen Heimat gefunden haben.
 
3. Kerze:
Wir gedenken auch derer, die auf der Flucht und während der Vertreibung irgendwo in deutschen Landen begraben liegen.
 
4. Kerze:
Wir denken an die nach Rußland Verschleppten und dort elend Verstorbenen.
 
5. Kerze:
Wir gedenken derer, die in den ersten wirren Tagen des Zusammenbruchs erschossen wurden wie unsere Gräfin von Schwerin, deren Gedenktafel hier an sie ehrend erinnert.
 
6. Kerze:
Wir bitten um Erbarmen für alle diejenigen, die sich in der Verzweiflung selbst das Leben genommen haben.
 
Wir denken an alle im 1. Weltkrieg Gefallenen, deren Namen auf dem Kriegerdenkmal vor der Kirche geschrieben stehen und schließen die Gefallenen und Vermißten des Kirchspiels mit ein, die im 2. Weltkrieg ihr Leben lassen mußten. Wir legen zu ihrem Gedenken Blumen am Denkmal nieder.
 
Wir gedenken aller Opfer, auch der Polen, die im 2. Weltkrieg ums Leben gekommen sind und bitten Gott um Frieden für uns alle.

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