Eine ungewöhnliche Entdeckungsreise 24.-30.06.1996
Lebhafte Schilderungen meiner Mutter (geb. Grums, Jahrgang 1938) von einer Reise in ihre Heimat weckten mein Interesse an Pommern mehr und mehr. Die bedrückenden Erzählungen, wie sie mich als Kind
umgaben, waren für mich schwer einschätzbar. Ich wollte selbst erfahren, was meine Familie an ihrer Heimat so liebte - was sie prägte.
Die vielfältigen Möglichkeiten, sich mit den Teilnehmern unserer kleinen Reisegruppe (12 Personen) auszutauschen, waren sehr wichtig für mich. Viele Redewendungen, Ausdrücke, Landschaftsbilder, Pflanzen
und vieles mehr tauchten da aus Kindertagen wieder auf: Bottermelkskartoffeln - Klakkerklimpern - Klitschken - Krutschken - Alleen soweit das Auge reicht - blühender Ginster!
Die gemeinsamen Rundgänge in und nahe Schwerinshöhe ließen Vieles von dem Alltag und der Gemeinschaft erahnen. Auch heute spielen Kinder auf der bunt gepflasterten Dorfstraße. Die Kirche zentral gelegen
- der alte Friedhof so weit außerhalb. Im früheren Laden kauft man das Nötigste. Im ehemaligen Bahnhof fanden wir gastfreundliche Aufnahme. Das Lupowtal mit all seinen Wehren, der Zentrale, den Stromwiesen wie
früher - neu angelegte Seen: das reinste Paradies.
Natürlich machte mich die Tatsache, unser Haus nur noch in schwachen Umrissen sehen zu können, sehr traurig. Aber ist der Gedanke der Wiederverwendung von Steinen dieses verfallenen Hauses nicht ebenso
alt, wie tröstlich? So bekommt all dies wenigstens noch einen Sinn, vermittelt eine gewisse Hoffnung! Ich empfand die teilweise flüchtigen Kontakte mit den heutigen Dorfbewohnern als weitaus herzlicher, als ich sie
in meinem hiesigen Alltag mit Fremden erlebe. Stellte sich auch nur für einen von uns realistisch die Frage eines Lebens in Zelkowo?
Auch die Unternehmungen in der weiteren Umgebung erzeugten viel Neugierde: die Dünen, die Ostsee, ... . So war die Bahnfahrt von Stolpmünde nach Stolp fern der Gruppe mit all ihren Haltepunkten auf
freier Strecke eine ganz besondere Erfahrung.
Bei den zahlreichen Begegnungen überraschte mich immer wieder diese Freundlichkeit und Aufgeschlossenheit von Polen jeden Alters. Haben sie nicht dieselben Hoffnungen wie wir? Nie wieder Krieg! Keine
Vertreibung! Für mich war es ein ganz besonderes Zeichen der Hoffnung in eine bessere Zukunft, eine Hochzeit in der Kirche zu erleben, in der schon meine Urgroßeltern getraut wurden.
Jetzt kann ich diese Liebe zu Pommern besser verstehen - sie hat mich auch ein bisschen erfasst.
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