Wehr

Haus Nr. analog Dorfskizze

Name

Wehr

Grube

Am Wehr, Juni 2002

Das Haus am Wehr

Vorkriegsaufnahme

1977

Juni 2002

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Willkommen am Wehr!

                        

 

Liebe Besucher im Internet,

Ihre Stippvisite in diesem Fleckchen der pommerschen Heimat kann leider nur gedanklich stattfinden.

Sie können nicht in den Uferanlagen umherwandern oder in das wartende Paddelboot steigen. Ebenso wenig ist eine Ruderpartie mit dem Kahn möglich, um vielleicht Ihr neues Angelgerät zu testen.

 

Kein Rotwild, von dem kräftigsten Geweihträger behütet, äst auf den Wiesen des Flusstales. Kein kapitaler Bursche von einem Hecht zerfurcht räubernd die Spiegelfläche. Kein Reiher, Storch, Kiebitz oder Schwan belebt die Ufer. Vergebens werden wir auf die Unterwasserjagd eines Fischadlers warten.

               

Weder die sanften Strudel des Kanaleinlaufes ...

                            

... noch die tosenden Fluten des Überlaufwassers sind zu vernehmen.

Auch die Romantik lauer Sommerabende, an denen im Flusstal die Düfte des frischen Wiesenheus mit den Klangfetzen fröhlicher Feierabendgesänge aus dem fernen Gutsdorf heranwehten, kann Ihr Bildschirm nicht wiedergeben.

Es bedarf schon Ihrer Phantasie, Ihrer Vorstellungskraft, damit Sie die Sinneseindrücke nachempfinden, die sich hier den Besuchern einprägten.

Warum, so werden Sie fragen, sind die Ufer- und Wasserbauten hier entstanden? Wollte man ein besonderes Ausflugsziel in der Landschaft gestalten? Nein, solches war nicht der Zweck gewesen. Der Hauptgrund lag in einem Bereich, der heute als natur- und umweltfeindlich verschrieen ist. Er lag in der Energieerzeugung, genauer: in der Gewinnung von elektrischem Strom.

Dem Rittergutsbesitzer Gustav Graf von Schwerin und seinem Pioniergeist ist die Initiative dazu zu verdanken.

                                  

Ihm gehörten die Güter Schojow und Wendisch-Silkow und somit beide Ufer des Lupowflusses. Er begann im 1. Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts mit den Vorbereitungen zur Gewinnung von Elektrokraft aus dem gefällestarken Fließgewässer. Planung und Bauausführung erfolgten zügig, so dass er sein Kraftwerk, die Überlandzentrale Schojow eGmbH, schon im Jahre 1908 in Betrieb nehmen konnte.

Etwa 3 Km oberhalb der Kraftzentrale waren mit dem “Wehr” die zugehörigen Stau- und Speicheranlagen. Es lag auf der Hand, diese zu einem landschaftlichen Kleinod auszubauen.

Das eigentliche “Wehr” war eine Staumauer, die quer über das Flussbett gezogen worden war. Wassermengen, die nicht für die Verstromung benötigt wurden, liefen über mehrere Kaskaden in das alte Flussbett.

                                                            

Vor dem Wehr war eine Staufläche gewonnen worden. Hier speicherte die Kraftzentrale das Energiepotential, über das sie dann mit Hilfe des Werkskanales verfügte.

            

In Dürrezeiten liegt das alte Lupowbett oftmals trocken, aber welche Spielmöglichkeiten für ganze Familien tun sich dann hier auf?

                

Auf der Krone des Kanaldammes verläuft ein herrlicher Wanderweg durch das Lupowtal. (Übrigens, der Junge mit dem Fahrrad wird Jahrzehnte später das damalige Geschehen in einem Buch “Flußlandschaft” dokumentieren.)

                                            

Blick auf das “Gutzmerower Rieselwehr”, durch dessen Stau das Wiesengelände bewässert wurde, das wir auf dem zweiten Bild oben sehen.

Die Wanderung längs des schmalen Lupowtales gewährt mit jäh aufsteigenden Steilufern auch solche Aus- und Ansichten.

 

Eine Gesamtansicht der Anlagen am “Wehr”. Ganz links: Wohnhaus (mein Elternhaus), daneben die Schleuse des Kraftwerkskanales, dann die Hilfsschleuse zur Entleerung des Kanalbettes, die “Insel” mit ihrer vorspringenden Ecke und rechts die Staumauer.

Im Vordergrund ist das alte Lupowbett. Wir erkennen, dass hier Schmelzwassermengen anfallen, die das Kraftwerk nicht alle verarbeiten kann.

Ende der Kanalstrecke mit dem abriegelnden Kraftwerk. Im Hintergrund links ist die Original-Lupow zu erkennen. Das Gefälle, das die beiden Kraftwerksturbinen verarbeiten, beträgt 6,5 m.

(Anmerkung: Bei allen Fotos handelt es sich um Vorkriegsaufnahmen.)

Die Karte zeigt einen rund 8 Km langen Ausschnitt des Lupowlaufes zwischen der “Bandsechower Mühle/Kraftwerk Dresow” und der “Neuen Mühle” in Schwerinshöhe (Wendisch-Silkow).Bei dem “Stauwehr” handelt es sich um das Wehr der Überlandzentrale Schojow, von dem Details in vorstehenden Bildern dargestellt sind.

Alle wichtigen Einzelheiten der Vorkriegszeit, z.B. die der landschaftlichen Reize, die der Kultivierungsmaßnahmen, der wasser- und energiewirtschaftlichen Bauten, usw. habe ich in einer erzählerischen Dokumentation (“Flußlandschaft”) festgehalten. Ein eigenes Kapitel berichtet dort auch von der Entstehung und dem Untergang der “Überlandzentrale Schojow”.

Ihr Friedrich Grube