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Hinterpommersche Heimat

von Friedrich Grube

Das ist Landschaft
 
Das sind Klänge
Der Lupowfluss, der Kraftwerksstau,
der Wiese Grund im Morgentau,
des Ährengoldes Wellen, Wogen,
das Land umspannt vom Regenbogen,
der Wald, im Spiel von Licht und Schatten,
der Revekol, des Mooses Matten,
die schiefe Bank unter der Linde,
die Eiche mit des Blitzschlags Rinde,
der Teich mit Gänsen, Enten, Schwänen,
der Garder See, mit Segeln, Kähnen ...
Des Hirten Hornes, Kindes Liedes,
das helle Pinkepank des Schmiedes,
der Kirchenglocken weites Schallen,
das Sensendengeln, Peitschenknallen,
der Fluss mit seinen Strudeln, Schnellen,
der Strand mit Stimmen, Wind und Wellen,
der Sensenschwung beim Halme Mähen,
der Tiere Laute, wiehern, krähen,
der Bienen Flug, Gezirp der Grille
und nicht zuletzt der Klang der Stille, ...
 
Das sind Farben
 
Das ist Wohlstand
 
Farben, die die Jahreszeiten,
in ihrem Wechselspiel begleiten,
des Winters Tristigkeit beleben,
mit Flocken, die hernieder schweben,
des Lenzes Tage untermalen
mit bunter Pracht und hellen Strahlen,
die Blätterwerk von Blüten trennen,
in hoher Sommersonne brennen,
das Haus, den Platz, das Dorf erfassen,
des Herbstes Segen leuchten lassen, ...
 
Der Eltern Hof, der Eltern Habe,
dank fleißvermehrter Weitergabe,
die Schule, Lehre, Können, Wissen
als lebenslanges Ruhekissen.
Die gleichen Gründe, gleichen Ziele
in Werkstatt, Schmiede, Laden, Mühle.
Arm sind die Menschen in den Katen,
kein Pferd, kein Pflug, es bleibt der Spaten,
doch mancher hat aus Eigenkraft
es auch zum kleinen Glück geschafft, ...
 
Das sind Düfte
 
Das sind Menschen
 
Der Salzgeruch der Ostseewellen
der warme Dampf aus warmen Ställen,
des Mistes Gas, versprühte Jauche,
Wacholderwürze in dem Rauche,
Holunderblüten Süßaroma,
der Bratkartoffeldunst bei Oma,
der Ähren Duft im Mittagsglühen,
die frische Milch von Weidekühen
das Sauerkraut, das Bauernbrot,
die schwere Luft im Abendrot, ...
 
Die Spiel- und auch die Schulgefährten,
Pastoren, Lehrer, die uns lehrten,
der Kaufmann vor den Warenfächern,
der Gastwirt mit den lauten Zechern,
der Postbeamte hinterm Schalter,
die strengen Forst- und Gutsverwalter,
der kinderliebe Junggeselle,
der Bahnvorsteher mit der Kelle,
das Muttchen, das besprechend heilte,
der Nachbar, der erzählend weilte, ...
Ich werde lebenslang bewahren,
was ich in meinen frühen Jahren
mit allen Sinnen aufgenommen,
bewusstseinsbildend mitbekommen.
Die Menschen, die die Landschaft prägten,
in ihr verwurzelt, die sie pflegten,
sie wurden grausam fortgetrieben.
Sie können nur entsagend lieben
und eines noch: verzeihen.
Das Heimatland, ... es mag gedeihen.

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