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Fortsetzung der Chronik von Karl Jost
Warum nachts die Kirchenglocken läuteten
Die Garder hörten nachts die Kirchenglocken läuten. Dies wiederholte sich in einer zweiten und dritten Nacht. Da wurden Wachen aufgestellt. Diesen gelang es, den Teufel in Gestalt einer großen Ratte,
die am Glockenseil zerrte und nagte, zu fangen und in eine Lische zu sperren. Nach langen Beratungen in aller Frühe, was mit dem Teufel geschehen sollte, war man sich schlüssig geworden, ihn im tiefen Meer zu
ersäufen. Er wurde nun auf einen Wagen geladen und sollte nach Stolpmünde gebracht werden, um ihn auf einem Schiff aufs Meer hinauszubringen und den Wassertod sterben zu lassen. Auf dem Weg dorthin, in Weitenhagen,
hörte man ein verdächtiges Geräusch im Wagen. Leider war es schon zu spät. Der Teufel schlüpfte gerade aus der Lische und sprang vom Wagen und rettete so sein Leben. Betrübt, daß der Teufel nicht ersäuft wurde und
doch froh, daß sie ihn los waren, kehrten die Garder heim.
Wie ein Fischer in der Garder Kirche den Tod fand
Vor vielen Jahren war einmal ein großer Sturm, wie ihn die ältesten Leute noch nie erlebt hatten. Trotzdem wollte ein Fischer von der Feuerstelle Haaken auf den See zum Fischen fahren. Es war ihm, als
ob die gewaltigen Wellen riefen: “Komm, komm!” Keiner von seinen Kameraden konnte ihn von seinem Vorhaben zurückhalten. Da kam zufällig der Pfarrer daher und hörte davon. Durch freundliches Zureden wußte er den
Fischer dahin zu bringen, daß dieser noch vor seiner Fahrt mit ihm zur Kirche kam. Heimlich verließ nun der Pastor die Kirche und schloß die Kirchentür hinter sich zu. So mußte der Fischer die Nacht über in der
Kirche bleiben. Als der Geistliche am anderen Morgen kam um ihn hinauszulassen, fand er ihn, mit dem Kopf im Taufwasser des Taufsteins, ertrunken vor.
Wie die Steininsel entstanden ist
Ein Fischer saß am See und wartete auf seine Kameraden. Da stand plötzlich ein Mann vor ihm. Pferde- und Hühnerfuß hatte der Fischer nicht bemerkt. Freundlich fing der Fremde an zu reden. In der
Unterhaltung sagte er, daß er der Herr der Welt sei und das Unmöglichste mit Leichtigkeit schaffen könne. Der Fischer wollte den Fremden auf die Probe stellen und sagte: “Dann baue doch mitten im See von Mitternacht
bis zum ersten Hahnenschrei aus lauter Feldsteinen eine Kirche. “Das tue ich gern, wenn du mir deine Seele versprichst”, antwortete der Teufel. Das versprach der Fischer. Um Mitternacht begann nun der Teufel mit all
seinen Gesellen sein Werk. Die großen Bausteine sausten nur so durch die Luft, so daß der Fischer von dem gewaltigen Brausen erwachte und eilend zum See lief. Zu seinem Schrecken sah er, daß die Kirche bis auf die
Turmspitze fertig war. Vor lauter Angst, seine Seele zu verlieren, versuchte er das Krähen einen Hahnes nachzuahmen. Und er hatte Glück; alle Hähne des Dorfes stimmten mit ein. Nun hatte der Teufel sein Spiel
verloren. Voller Wut stieß er die Kirche um, und so entstand die Steininsel.
Welche Verwendung der Teufelstein gefunden hat
Der Teufel stand während des Kirchbauens im Garder See auf einem großen Stein, der unweit vom Ufer des Sees zwischen Groß- und Klein Garde lag. Mit einer Peitsche trieb er seine Gesellen zur Arbeit an.
Deutlich waren auf dem sogenannten Teufelstein noch die Pferdefuß- und Hühnerfußspuren des Teufels und das Loch zu erkennen, wo der Peitschenstiel gestanden hatte. Dieser Stein wurde Garder Bürgermeister
Franz Jost, Lenhaken, gesprengt. Er gab 24 Fuder Bausteine, die für das ganze Fundament über den Sockel seines Hauses ausreichten, das drei Seiten über 2 m hoch über der Erdoberfläche sichtbar ist. Diesen blauen feinkörnigen Findling hatten die Garder zum Heldenmal ausersehen; doch ehe er zur Aufstellung kam war er zertrümmert; traurig für Natur- und Heimatschutz!
Ein Findling im Garder See mit einem Anker, den Garder Fischer aus der Ostsee geborgen hatten.
Die Malerkolonie in Rowe hat durch ihre Bilder weite Kreise mit der Schönheit der Garder Umgebung bekannt gemacht. Ähnlich Hans Werder [Anm.: Pseudonym der Anna von Bonin] in seinem historischen Roman “Der
Pommernherzog”, der sich teilweise am Garder See abspielt. Wörtlich heißt es an einer Stelle: “Reiten wir am Strande entlang!” meinte Hans Volker. “Jener Berg dort, der sich zum
Meere absenkt, der Revekol, sieht aus wie ein kleines Abbild des Vesuvs. Und dieser See zwischen Berg und See (Meer) - nicht sah ich Ähnliches bisher im Pommerlande - ist der
Gardesche See.” Vor ihm lag Garde, das große Dorf mit der festen Burg eines wendischen Edlen, welcher dem See seinen Namen gegeben...
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